Freischaffende Malerei
Malerei kann für sich sprechen – sie kann berühren, bewegen und anregen, auch ohne Worte oder Vorkenntnisse. Doch eine behutsame Erklärung eröffnet oft ein tieferes Verständnis und lädt dazu ein, mehr zu entdecken. Wie die Literatur gehört auch die Malerei zum weiten Feld der Geisteswissenschaften, in dem wir uns mit der schwierigen Frage auseinandersetzen, wie Innen und Außen wahrgenommen, gedeutet und dargestellt werden können.
Kunstwerke bestehen oft aus der Abbildung des immateriellen Innenlebens und der materiellen Aussenwelt. In meiner Malerei lasse ich beides sichtbar ineinander fliessen. Da die Außenwelt das sichtbare und fassbare Element ist, versteht man in meinen Bildern durch sie meistens das Thema des Gesamtbildes, da die Außenwelt eindeutiger ist als die Darstellung der immateriellen Innenwelt. Die Innenwelt dominiert aber beim Malakt die Wahrnehmung und das Aussehen der abgebildeten Außenwelt, weil ich den Fokus wie die Symbolisten, Surrealisten und Expressionisten auf das Innenleben lege. Im Unterschied wie zum Beispiel beim Realismus oder Impressionismus, wo die Abbildung der Außenwelt während des Malaktes auch von dem Fokus in der Außenwelt bestimmt wird. Ähnlich wie der malerische Symbolismus das Leben nicht unmittelbar darstellt, sondern es durch Symbole und Stimmungen vermittelt, verhält sich auch die erzählende Literatur. Auch in der Literatur imaginieren wir das Leben – nicht durch eine äußerliche Nachahmung wie in einem Spielfilm, sondern durch das geschriebene Wort, das in Form sprachlicher Symbole für das Leben steht.
In meiner Malerei tauchen abstrakte, gegenständliche, konventionelle, zufällige und universelle Symbole auf, die in der Anwesenheit von Lebewesen ihre Bedeutung erhalten. Gesten, Mimen, Figuren, Worte, Zeichen, Objekte, Formen, Malgestus und Farben sind manchmal symbolisch gemeint, aber manchmal nichts weiter als nur jenes was sie abbilden. Diese malerische Ambivalenz ist der literarischen Ambivalenz also ähnlich – wahrscheinlich überwiegt sie diese in vielen Beispielen. In beiden Fällen liegt jedoch die Gesamtbedeutung eines jeden Bildes oder Textstückes im Auge eines einzelnen Betrachters, auch wenn es viele Teilbedeutungen gibt die wir alle gleich betrachten. Es gibt also in meiner Malerei den Versuch, in jedem Bild einen von mir im voraus geplanten Teil objektiv zu gestalten. Es gibt auch den Willen, dass der subjektive Anteil bestehen bleibt – ohne dass dieser subjektive Anteil jemals unwahr für die Gesamtbedeutung sein könnte.
Meine Malerei lässt sich außerdem in zwei Hauptaspekte einteilen. In den Aspekt bei dem die Figur im Raum ist und den Aspekt in dem der Raum in der Figur ist. Denn wie in der Literatur strebt meine Malerei nicht nach der Nachahmung des Raums, sondern nach einer symbolischen Abbildung des Raums – durch Zeichen, die den äußeren Raum relativieren und interpretieren. Die beiden Begriffe „Zeichen“ und „Zeichnung“ sind ja miteinander verwandt – sie stammen beide vom Verb „zeichnen“ ab. Eine Zeichnung und ein Buchstabe sind dabei eine spezielle Form eines Zeichens. Durch diesen etymologischen Zusammenhang wird die Verwandtschaft zwischen erzählender Literatur und malerischen Symbolismus noch eindringlicher verdeutlicht.











































































